Kapitel 4: Missionsbesprechung Celestia sah mit leerem Blick ins Nichts, Pinkie Pie hing, zur Regungslosigkeit erstarrt, mitten in der Luft, ähnlich verhielt es sich mit Raritys Mähne und Twilight Sparkles Vorderhuf. Rainbow Dash war die einzige, die nicht wie versteinert war, und sah mich mit einer Mischung aus Verständnislosigkeit, Entsetzen und wachsender Furcht an. "Was geschieht hier nur? So waren die alle vorhin schon, als ich Rarity deine Kleider geben wollte - was für eine Magie ist das?" "Ich habe da so eine Vermutung... aber ich denke, das wird Celestia uns gleich selber erklären. Vorausgesetzt, ich bekomme sie aus ihrer Zeitblase heraus...", ich schritt auf das Alicorn zu und tat das einzige, was mir im Moment einfiel: direkt vor ihrem Gesicht schnipste ich ein paarmal mit den Fingern herum. Rainbow keuchte auf - teilweise vermutlich wegen der scheinbaren Respektlosigkeit dieser Geste, ich vermutete, daß es normalerweise äußerst ungehörig war, sich der Herrscherin Equestrias gegenüber derartig zu benehmen. Zum größeren Teil aber hatte sie sehr wahrscheinlich das Ergebnis überrascht: ein körperlich fühlbarer Ruck schien durch die Wirklichkeit zu gehen, Celestias Blick änderte sich und wurde wieder lebendig, und auch die anderen Ponys erwachten aus ihrer Starre und führten ihre jeweilige Bewegung zu Ende. "Ich freue mich, euch beide wohlauf wiederzusehen", kommentierte Celestia mit amüsiertem Unterton in der Stimme. Rainbow verneigte sich instinktiv in der hier üblichen Begrüßungsgeste, während ich nur nickte. Unterdessen hörte ich Huftrappeln vom Gang draußen, und Applejack kam mit einem Teekessel im Maul zur Tür herein. "Ich hab Tee gekocht - wenn Eure Hoheit gestattn'?" Celestia nickte gönnerhaft. Applejack setzte den Kessel auf dem Tisch ab und ging zu einem Wandschrank, um mit einer Behendigkeit, die ich einem händelosen Wesen nie zugetraut hatte, Tassen, Untertassen, Löffel und Zuckerdose heraus- und auf den Tisch zu befördern. Rarity hatte unterdessen den neu hinzugekommenen Haufen vor sich, der aus meinen verdreckten und zerrissenen Kleidern bestand, entdeckt. "Oh meine Lieben, seht euch nur diese entsetzlich zugerichteten Sachen an. Das kann ja kein Pony mit ansehen, wie furchtbar, wie entsetzlich... ich werde sie mitnehmen und in Ordnung bringen, so einen Anblick kann man ja nichts und niemandem zumuten!" Wort- und auch ein wenig ratlos sah ich zu Rainbow. Sie hatte ihren Schrecken über die vorangegangene Regungslosigkeit ihrer Freundinnen überwunden und grinste mich freudig an. "Das ist unsere Rarity - ich wußte, sie würde das sagen." "Natürlich, Rainbow, natürlich! Und ich akzeptiere kein Nein als Antwort - morgen früh habe ich alles wieder in Ordnung, und es wird famos aussehen, besser als zuvor, mein Wort darauf!" Ihr Horn begann zu leuchten, eine Wolke aus Magie hüllte den Klamottenhaufen ein, und er schwebte davon, aus meinem Blickfeld heraus (ich vermutete, daß sie ihn in irgendwelche Satteltaschen hineinlevitierte, die draußen im Flur stehen mochten). "Nun, da dieses geklärt ist, darf ich euch bitten, Platz zu nehmen. Ich habe wohl einiges zu erklären", ließ sich Celestia vernehmen. Ihre Worte klangen sanft, aber bestimmt. Ohne Widerrede setzten wir uns alle um den Tisch, ich bekam einen Platz auf einem urgemütlichen (wahrscheinlich sehr alten, aber trotzdem äußerst bequemen) Sofa zwischen Rainbow und Applejack. Pinkie, der es sichtlich schwer fiel, ihr scheinbar schwereloses Umherhopsen einzustellen, Rarity, Fluttershy und Twilight nahmen auf Stühlen und Hockern Platz, lediglich Celestia selbst verzichtete auf ein Möbelstück und setzte sich stattdessen auf ihre Hinterbeine - ein für ihre schiere Körpergrößem passendes Sitzmöbel hätte sich ohnehin nicht gefunden. Dann begann die Teetasse vor ihr zu schweben, sie nahm einen guten Schluck und setzte die Tasse ab. Ich tat es ihr ohne Umschweife gleich (wenn auch ohne Magie, dafür unter Zuhilfenahme meiner Hände), und sie begann, zu sprechen. "Nun denn, meine Freundinnen. Wir haben einen Gast, wie ihr sicher schon wißt. Wärst du so freundlich, dich noch einmal vorzustellen?" Sieben Augenpaare blickten mich an, sechs davon sowohl groß und rund mit ehrlicher Neugier als auch mit grundhafter, tiefer Freundlichkeit, die dem Wesen der Ponys entsprechen mußte, eines mit tiefer Weisheit und beseelt von einem Wissen, das weit über das jedes anderen Ponys hinausgehen mußte. "Gern. Mein Name ist Michael, ich bin ein Mensch und komme... nun ja... hier wird es schwierig. Vielleicht stimmt am ehesten: 'Ich komme aus einer anderen Welt'. Zwar bin ich vorhin nicht besonders weit gelaufen, aber 'andere Welt' dürfte zutreffen: Ponys wie euch habe ich bisher nicht gesehen. Warum ich allerdings hier bin... das weiß ich selbst nicht." "Und hier komme ich ins Spiel. Ich mache es kurz: ich habe dich aus deiner Welt nach Equestria geholt." Nun ruhten sieben Augenpaare auf dem großen geflügelten weißen Einhorn, alle voller Erstaunen. "Es ist wahr, unser Gast hier kommt aus einer anderen Welt, einer Welt, die von Menschen wie ihm bewohnt und beherrscht wird. Es gibt einen Grund, warum ich dich hierher geholt habe: daß es verschiedene Welten gibt, weiß ich seit langem. Normalerweise gibt es Barrieren, die verhindern, daß parallel existierende Welten sich berühren, aber die Barriere zwischen Equestria und deiner Welt, der Erde, wird seit Jahren schon schwächer. Es wird sich nicht vermeiden lassen, daß sie schließlich ganz verschwindet und beide Welten gleichzeitig existieren - oder, um es einfacher zu sagen: Equestria wird in die Erde fallen, in die Welt der Menschen. Oh, das allein ist noch keine schlimme Sache, ich habe es berechnet: ein kleiner Teil eurer Ozeane wird einfach nur ersetzt durch equestrianische Landmassen. Allerdings habe ich... nun ja... auch die Menschen bereits studiert, und hier wird es... unschön, vorsichtig gesagt." Ich konnte ihr in Gedanken nur zustimmen: ich wußte nur zu gut, wozu Menschen imstande waren. Nicht nur, weil ich selber einer war, sondern weil ich das Wesen der Menschen täglich in den Nachrichten gesehen hatte, bevor ich hierher gekommen war. "Verzeiht, Prinzessin... aber woher wißt ihr all das? Ich habe nie davon gelesen", meldete sich Twilight zu Wort. "Nun, meine treue Studentin", antwortete Celestia mit eindeutig amüsiertem Unterton, "du bist zwar meine beste Schülerin - aber ich bin doch um einiges älter. Und man lebt nicht Jahrhunderte, forscht nicht über eine so lange Zeit, ohne das eine oder andere zu lernen. Ich beobachte meine Umgebung genau, bemerke Veränderungen, studiere selbst immer noch weiter. Ich wollte kein Pony unnötig beunruhigen, meine Pflicht und Verantwortung als Herrscherin ist es ja auch, jedem Pony ein ruhiges und friedliches Leben zu ermöglichen. Hätte ich meine Forschungsergebnisse schon vor Jahrzehnten hinausposaunt, hätte das nur für unnötige Unruhe gesorgt - zumal wir nichts, aber auch gar nichts dagegen tun können." "Warum wird es... wie Ihr sagtet... unschön, wenn es um Menschen geht?", vernahm ich eine leise Stimme, die ich erst nach einigem Nachdenken als zu Fluttershy gehörig erkannte. "Ich finde, Michael hier sieht doch ganz nett aus?" Ihre Worte versetzten mir einen Stich ins Herz. Wenn diese Wesen wirklich so leicht zu beeindrucken waren, dann mochte ihnen, wenn sich unsere Welten wirklich treffen und Menschen Zugang zu ihrem Reich erlangen sollten, gnädig sein, an wen auch immer sie glauben mochten. "Ich möchte nicht länger um den Kern der Sache herumreden. Ich war einige Male in der Welt der Menschen - ja, die Barriere ist bereits so schwach, daß ein Hin- und Herreisen zwischen den Welten möglich ist", fügte sie hinzu, als sie meinen erstaunten Blick bemerkte. "Leider kannst du nicht zurück in deine Welt, da möchte ich gleich ehrlich mit dir sein. Wir Ponys können mit ein wenig... Magie... hin- und herreisen, und leblose Gegenstände können ebenfalls die Barrieren überwinden, teilweise fallen sogar Gegenstände von der Menschenerde in unsere Welt. Menschen dagegen können die Barriere nur in dieser einen Richtung überschreiten - der Grund dafür ist eure Zellstruktur und die Energierichtung der Barriere selbst. In Richtung nach Equestria könnt ihr hindurch, in der Gegenrichtung würden eure Zellen sofort zerstört werden. Für Ponys gilt das nicht, unsere Zellstruktur ist deutlich anders." Die einfache Aussage, daß ich damit praktisch in Equestria gefangen war, schockierte mich weniger, als ich gedacht hätte. Schlußendlich wartete in meiner Welt ohnehin niemand mehr auf mich, wie ich früher an diesem Tag ja bereits zum x-ten Male in Gedanken repetiert hatte - der einzige Grund, daß ich überhaupt noch mein Leben weiterlebte, war mein Pflichtbewußtsein gegenüber meine Arbeit, auch wenn diese mich schon lange nicht mehr ausfüllte und keine wirklich motivierenden Rückmeldungen mehr aus ihr kamen. Jeder ist ersetzbar, hörte ich Celestias Stimme in meinem Kopf, und ich sah verblüfft zu ihr. Deine eigenen Worte vor einiger Zeit an dich selber, du erinnerst dich? Kommunizierst du jetzt... äh,'tschuldigung... kommuniziert Ihr jetzt telepathisch mit mir?, dachte ich fassungslos. Ganz recht. Die Stimme klang nun eindeutig amüsiert. Meine lieben Ponys müssen nicht unbedingt alles hören, bitte verschone sie mit derart finsteren Gedanken. Danke. Heißt das... ich habe Euch vorhin im Bad tatsächlich in meinen Gedanken gehört? Und Rainbow ebenfalls? Aber selbstverständlich doch. Ein nur gedankliches Kichern begleitete ihre Worte. In meiner direkten Umgebung gibt es nicht mehr vieles, was mir entgeht. Aber keine Sorge - ich pflege mich nicht in die persönlichen Angelegenheiten anderer Ponys - oder auch Menschen - einzumischen. "Also bedeutet die Tatsache, daß ich hier bin, daß ich... sozusagen... eine Art Auserwählter bin?", fragte ich, nun wieder laut, nach. "So kann man es bezeichnen. Die Zusammenführung unserer beider Welten ist unausweichlich, und wenn es soweit ist, brauchen wir Ponys einen Botschafter bei den Menschen - jemand, der uns kennt, der uns den Menschen vorstellen kann, der... vielleicht... einen kleinen Einfluß auf sie hat." Ich hatte das deutliche Gefühl, daß sie am Schluß eigentlich etwas anderes hatte sagen wollen, und horchte in mich hinein, bekam aber dieses Mal keine telepathische Antwort. "Nun, es ehrt mich, daß Ihr mich für eine solch verantwortungsvolle Aufgabe auserkoren habt. Nur gestattet mir eine Frage: warum ich?" "Für eine Tätigkeit als Botschafter kommt nur jemand mit möglichst reiner Seele in Frage - ideal wäre sicherlich ein Kind, nur fehlt einem solchen die nötige geistige Reife. Also brauche ich einen Erwachsenen, der noch eine ähnlich gute Persönlichkeit hat, einen guten Menschen also - und da fiel meine Wahl auf dich." Traurig blickte ich auf den Tisch - ich brachte es nicht fertig, dem großen Wesen in die Augen zu sehen. "Es tut mir leid, das sagen zu müssen - aber Ihr habt Euch wohl geirrt. Ich bin kein guter Mensch, das bin ich nie gewesen." "Also denkst du, du bist ein schlechter, ein böser Mensch?" Ihre Stimme wurde hörbar kühler. "Ich befürchte, ja", murmelte ich leiser. "Das läßt sich herausfinden... ein böser Mensch also. Wie konnte ich mich so irren." Celestias Stimme wurde nochmals kälter und klang jetzt nicht mehr wie die der Herrscherin Equestrias, die ich soeben kennengelernt hatte, sondern eher wie ein Computer mit schlecht eingestelltem Sprachmodul - kalt und technisch. "Wir werden einige kleine Tests durchführen, um die Wahrheit zu finden." Mit diesen Worten erschienen vor mir auf dem Tisch zwei Dinge: ein Plüschpony und ein offenbar rasierklingenscharfes Jagdmesser. Letzteres erhob sich wie von Zauberhand in die Luft und schwebte in meine Hand, die sich ohne mein bewußtes Zutun ebenfalls geöffnet hatte. "Erster Test. Benutze das Messer, um das Plüschpony aufzuschneiden", kam die kalte Anweisung. Verständnislos sah ich hoch. "Was soll ich? Warum sollte ich das tun?" "Um zu beweisen, daß du ein schlechter Mensch bist! Schlechte Menschen haben keine Hemmungen, ein Stofftier", ich verzog ob der schieren negativen Betonung des Wortes schmerzerfüllt das Gesicht, "zu zerschneiden. Aufzustechen, abzustechen, was auch immer." Meine Verständnislosigkeit wandelte sich langsam in Entsetzen. "Nein! Ich denke ja nicht daran! Dieses Plüschpony hat mir nichts getan, warum sollte ich es zerstören? Was soll das alles hier?!" "Ich verstehe...! - Du benötigst einen Anreiz! Wie konnte ich das übersehen!" Das Plüschwesen auf dem Tisch verschwand in einem schwachen Blitz. Gleich darauf wiederholte sich die Leuchterscheinung, und auf dem Tisch saß nun - Rainbow Dash. Verblüfft blickte ich neben mich, aber der Platz dort war leer. "Bitte sehr! Sie hat dich angegriffen und verwundet! Es wird Zeit für die Vergeltung! Stich sie ab, ich werde nicht einschreiten!" Ich brauchte nicht einmal in Rainbows Augen zu sehen, um erschrocken zurückzuzucken - eine Bewegung, die so heftig ausfiel, daß mich erst die Rückenlehne des Sofas stoppte. Entsetzt blickte ich auf das Messer in meiner Hand, dann auf Celestia, die mich kalt wie ein Stück Technik ansah, und schlußendlich auf Rainbow, die offensichtlich nicht einmal verstand, was um sie herum vorging. "Nein! Was soll diese Horrorshow hier?! Herrscherin hin oder her - ich habe bereits dargelegt, daß Rainbow an dem Vorfall im Wald keine Schild trägt, und ich werde hier nichts und niemanden einfach niedermetzeln! Hört gefälligst auf mit dieser Vorstellung!!", donnerte ich, holte aus und warf das Messer von mir, so weit ich nur konnte - es landete klirrend in einer entfernten Ecke des Raumes. "Was für eine Herrscherin seid ihr?! Sind die Geschichten über Trollestia oder Molestia doch wahr?! Bedeuten Euch Eure Ponys so wenig?! Was fällt Euch ein, ihnen Angst und Schrecken einzujagen?! Menschen würde das wahrscheinlich wenig ausmachen, das stimmt wohl, aber nicht diese unschuldigen Kreaturen hier! Wenn das meine Bestimmung sein soll... dann... dann gehe ich lieber wieder rückwärts durch die Barriere, egal, was dann passiert!" Ich war der Verzweiflung nahe. Wieder einmal schien die Zeit um mich herum stehenzubleiben oder zumindest stark verlangsamt abzulaufen - ich sah alles wie in Zeitlupe. Der schwache Lichtblitz von gerade eben wiederholte sich und hüllte Rainbow ein, sie verschwand vom Tisch, um gleich darauf neben mir wieder aufzutauchen. Ein etwas hellerer Blitz erschien aus der Ecke des Raumes, in die ich das Messer geschleudert hatte, und ich konnte mir denken, daß es damit verschwunden war. Celestias Gesichtsausdruck änderte sich abermals - zurück von einem kalten und gefühllosen... Ding, ich wußte nicht, wie ich es anders hätte ausdrücken sollen, zurück zur gütigen und freundlichen Herrscherin dieser Welt. "Und das alles sagt der böse und schlechte Mensch", kommentierte sie, nun wieder äußerst liebenswürdig. Ich funkelte sie an. "Mußte das sein?! Müssen diese armen Ponys deswegen Albträume haben?" "Mitgefühl? Bei einem bösen Menschen?" Celestia schien sich prächtig zu amüsieren. Wieder war es an mir, nach unten zu blicken. "Nun ja... ich weiß, es ist schwer zu erklären... aber ich gebe gerne zu, daß das letzte Mal, daß ich so etwas für einen meiner Artgenossen empfunden habe, lange her ist... sehr lange. Allerdings begegnen die mir auch meist nur mit Kälte, Egoismus und Gleichgültigkeit... aber doch nicht die Ponys hier! Seit ich hier bin - na gut, seit ich hier im Haus bin - habe ich von ihnen nur Freundlichkeit erfahren, obwohl sie mich nicht kennen. Es ist mir bei ihnen verdammt noch mal eben nicht egal, ob sie glücklich sind oder nicht, anders als bei meinen nervtötenden Mitmenschen!" Celestia zeigte nun ein ehrliches Lächeln. "Ich wußte, daß ich mich in dir nicht getäuscht habe. So böse bist du nicht... viele Menschen hätten auf meine Anweisung hin schon das Plüschpony ohne zu zögern zerschnitten. Du bist vielleicht nicht perfekt, aber durchaus nicht so schlecht, wie du selbst zu denken scheinst." "Danke...", murmelte ich. "Trotzdem - mußte das unbedingt sein?" "Keine Sorge." Ihre Stimme war nun wieder voll ehrlicher Freundlichkeit, Kälte, Härte und Gefühllosigkeit darin waren vollständig verschwunden. "Die Ponys werden sich an diese Szene nicht erinnern, mein Wort darauf." Wie zur Bestätigung leuchtete ihr Horn kurz hell und weiß auf. "Erledigt. - Du denkst also", ihre Stimme änderte sich ein wenig, und ich begriff, daß sie soeben die letzten paar Minuten aus den Gedächtnissen der anwesenden Ponys einfach gelöscht hatte und nun wieder an einem früheren Punkt des Gespräches einsetzte, "du bist ein schlechter Mensch? Ich möchte dich etwas fragen. Vorigen Sommer hattest du mehrmals Wespen und Fliegen in deiner Wohnung, richtig?" "Richtig... aber was..." "Was hast du mit ihnen getan?" "Eingefangen und zum Fenster hinausbefördert", antwortete ich automatisch. Das entsprach auch der Wahrheit - wenn es sich vermeiden ließ, tötete ich keine Lebewesen, zumal diese Insekten kaum wissen konnten, daß sie in meiner Wohnung nicht erwünscht waren. Celestias Gesicht hellte sich demonstrativ auf, und Fluttershy blickte glücklich. "Siehst du. Die meisten Menschen hätten die Wespen und erst recht die Fliegen einfach erschlagen - du hast ihr Leben geschont." "Nun, wenn das schon reicht, um kein böser Mensch zu sein..." "Vieles ergibt sich auch erst aus dem gesellschaftlichen Zusammenhang, sicher tust du da manchmal Dinge, die du eigentlich nicht unbedingt tun würdest. Aber kommen wir zurück zur Sache: wie ich bereits ausführte, braucht Equestria einen menschlichen Botschafter, wenn es zum unvermeidlichen direkten Kontakt unserer Welten kommt. Ich halte dich am geeignetsten für diese Aufgabe." Entschlossen blickte ich auf. "Ich fühle mich geehrt und nehme selbstverständlich gerne an." Celestia nickte zufrieden. "Liebe Freundinnen", sie wandte sich an ihre direkten Untertanen, "ich möchte, daß ihr mich richtig versteht. Wie ich bereits gesagt habe, bin ich mehrfach zwischen den Welten hin- und hergereist und habe die Menschen beobachtet. Ich will ehrlich sein: ohne einen Botschafter wäre es um uns alle sehr schlecht bestellt, wenn die Barrieren endgültig verschwinden. Viele Menschen fürchten, was sie nicht kennen, oder versuchen, es gnadenlos auszubeuten. Wir mögen uns zwar gegen einen einzelnen oder auch gegen einige wenige verteidigen können, weil wir körperlich stärker sind, aber gegen ihre Masse und ihre Waffen haben wir keine Chance. Unsere einzige Möglichkeit bleibt, einen Botschafter zu haben, einen, der uns wohlgesonnen ist und der uns kennt. Und unser Gast hier hat bereits einige... Vorkenntnisse." "Stimmt... woher hat'er'n gewußt, wer ich bin un daß meine Farm hier im Familienbesitz is'?", ließ sich Applejack vernehmen. "Mich schien er auch zu kennen", kam es aus Richtung Rainbow Dash. Celestia sah mich auffordernd an. "Nun, das ist wohl schwer zu erklären... ich hoffe, es kommt gleich noch etwas Erklärung nach. Ich kenne euch und eure Welt - wenigstens teilweise - aus einer Cartoonserie im Fernsehen." Fragende Blicke (außer von Celestia) waren die einzige Antwort. "Ich weiß, es klingt sonderbar... aber wir haben eine Erfindung namens Fernsehen und zahlreiche Ableger davon, die sowohl zur Bildung als auch zur Unterhaltung dienen. Und eine Sendung aus deren Programm ist eine gezeichnete Version von Equestria... mit euch allen. Ihr alle kommt darin vor und seid darum bereits einigen Millionen Menschen bekannt. Eigentlich war die Serie für kleine Mädchen gedacht - in euren Worten, für Fillys wie Applebloom oder deine Schwester, Sweetie Belle", ich sah kurz zu Rarity, die ein einigermaßen erschrockenes Gesicht machte, "aber inzwischen sehen viele, sehr viele Erwachsene die Serie, erfreuen sich daran und sprechen darüber. Ich habe in den letzten Minuten eine Vermutung entwickelt... kann es sein, verehrte Celestia, daß Ihr mit der Entstehung dieser Serie zu tun habt?" "Ganz recht", antwortete die Herrscherin, nun eindeutig fröhlich. "Wie du ja bereits bemerkt hast, beherrsche ich ein klein wenig telepathische Gedankenübertragung - ja, Rainbow, du hast mich vorhin im Bad gehört, die Gerüchte, daß ich Telepathin bin, sind wahr, allerdings funktioniert es nur auf kurze Entfernungen - und habe so bei einigen meiner Besuche die Entwicklungen - sagen wir - in die richtigen Wege geleitet. Oh, ich bin niemandem aus deiner Welt persönlich erschienen... das habe ich mir abgewöhnen müssen, leider, nachdem ich einige Male nur knapp davongekommen bin. Ich reise seit rund dreihundert Jahren zwischen den Welten hin und her, anfangs dachte ich noch, man könnte offen auf die Menschen zugehen... denke nur an eure menschliche Mythologie, ich befürchte fast, Dinge wie Einhörner sind durch mich inspiriert worden, leider wollte man mich dann allerdings einsperren und zur Magie zwingen, deshalb hatte ich schon lange Zeit keinen persönlichen Kontakt mehr mit den Menschen. Aber Telepathie ist manchmal sehr nützlich. Ich weiß, daß diese Serie, in der wir alle erscheinen, eigentlich auf eure Fillys - Kinder - abzielte, das war auch meine Absicht - ich dachte, wir hätten noch länger Zeit, und je früher sich Menschen in ihrem Leben an etwas gewöhnen, desto eher sehen sie es als selbstverständlich an. Daß auch Erwachsene Gefallen an der Serie und an uns finden, war ein glücklicher Zufall... ich weiß von der Brony-Gemeinde, die meisten davon können für uns am Tag X wohl ebenfalls nützliche Verbündete sein." "Also kennen uns die Menschen bereits?" "Nicht wirklich, befürchte ich. Wie gesagt: nur über eine gezeichnete Version von uns und von Equestria, aber damit kann man natürlich keine ganze Welt abbilden. Und deshalb benötigen wir einen Botschafter, der uns richtig kennenlernen und hoffentlich unsere Interessen vertreten kann... denn bei weitem nicht alle Menschen würden uns mögen und unser pures Vorhandensein einfach akzeptieren. Wie ich bereits sagte, müßten wir uns auf schwere Auseinandersetzungen einstellen." "Ist es Euch mit aller Magie nicht möglich, die Barrieren zwischen den Welten irgendwie aufrecht zu erhalten? Gibt es wirklich keinen anderen Weg als die Zusammenführung?" Die Verzweiflung darüber, daß dieses Paradies hier in die Welt der Menschen übergehen sollte, war meiner Stimme offenbar anzuhören. Celestia blickte mich mitleidig an. "Magie... ihr Menschen glaubt nicht daran, richtig?" "Ehrlich gesagt - nicht wirklich. Wir - wenigstens die fortschrittlicheren, nicht irgendwelche religiösen Fundamentalisten - glauben an die Wissenschaft, daran, daß sich alles irgendwie logisch erklären läßt, und sich daraus ergebende Technologien. Und um nochmal ehrlich zu sein: es kommt uns höchst sonderbar vor, daß Ihr allein die Sonne aufgehen laßt und Eure Schwester für den Mond zuständig sein soll... wir haben zwar ebenfalls Sonnenauf- und -untergänge und natürlich auch den Erdenmond, aber wann welches von beiden am Himmel erscheint, ist mit den Gesetzen der Planetenbewegungen, der Himmelsmechanik, wissenschaftlich bestens erklärbar und funktioniert bei uns völlig ohne Magie." Ich hatte Enttäuschung, vielleicht auch Erschrecken der Ponys über diese Aussage erwartet, aber ich bekam nichts dergleichen als Antwort. Stattdessen lächelten sie freundlich. "Nun... darf ich sprechen, Prinzessin?", fragte Twilight, und fuhr fort, ohne die Antwort abzuwarten. "Es handelt sich beim Glauben an Sonnenaufgang, Sonnenuntergang und anderen Dingen nicht wirklich um Magie... das weiß jedes Pony. Es ist vielmehr unsere Art zu leben, also unsere Rituale, die für uns den Tag und unser Leben strukturieren. Daß sich alles auch anders erklären läßt, wissen wir natürlich, wir sind ja keine kleinen Fillys mehr", sie kicherte, "aber es macht doch mehr Spaß, so zu tun, als ob? Es ist einfach unsere Lebensweise." Die anderen nickten zustimmend. "Nur damit ich es richtig verstehe... ihr nennt es Magie, man könnte es aber auch vieldimensionale Felder nennen?" Celestia verdrehte übertrieben gespielt die Augen. "Natürlich. Zumindest ich wäre dir allerdings dankbar, wenn wir es bei 'Magie' belassen könnten." "Nun... es ist sicher nicht an mir, euch in eure Lebensweise hineinzureden." "Unsere Lebensweise", erwiderte sie betont. "Denn auch du bist nun ein Teil unserer Gesellschaft." Ich nickte dankbar. "Das erklärt jedoch noch nicht, ob das Zusammentreffen unserer beider Welten nicht doch noch verhindert werden können. Sei es durch... Magie", ich betonte das Wort absichtlich ein wenig übertrieben, "oder durch Wissenschaft. Ganz ehrlich: ich möchte nicht, daß Equestria in die Menschenwelt fällt - denn wenn das passiert, bezweifle ich, ob ein einzelner Botschafter reicht, um euch vor Machtgier und Profitdenken von Hunderttausenden, vielleicht gar Millionen zu beschützen." "Nun... meiner Ansicht nach wird das Ganze unvermeidlich sein, aber du kannst natürlich gern versuchen, die Barriere zu stabilisieren. Allerdings verbaust du dir damit selbst den Weg zurück - endgültig, da helfen auch keine Forschung oder Magie mehr etwas. Wir Ponys können zwar mit einigen Tricks dennoch reisen, aber sonst niemand." "Dann soll es so sein. In meiner Welt wartet niemand auf mich, und was meine dortige Arbeit angeht - jeder ist ersetzbar, auch ich, wie Ihr bereits richtig bemerkt hattet, ich nehme ja an, daß Ihr mich schon eine Zeitlang beobachtet habt. Ich denke, mein Leben hat endlich wieder einen Sinn - ich habe eine Bestimmung gefunden, nein, ich habe sie erhalten." Die feierliche Entschlossenheit in meiner Stimme brauchte ich nicht zu spielen. "Die königliche Bibliothek in Canterlot steht dir jederzeit voll und ganz zur Verfügung, genau wie meine Studentin und Assistentin Twilight Sparkle - und überhaupt alle Elemente der Harmonie. Nun wißt ihr, warum ich euch gebeten habe, hierher zu kommen. Ist denn für die Unterbringung unseres Gastes gesorgt?" "Seh ich kein Problem", meldete sich Applejack wieder zu Wort. "Hier auf der Farm ham wir genug Platz, und die Ponys in Ponyville kriegn kein' Schreck, wenn auf einmal 'n unbekanntes Wesen auftaucht." "Unbekannt? Aber nicht mehr laaa-haaange!", platzte es aus Pinkie Pie heraus. "Das ruft geradezu nach einer Willkommen-Botschafter-Mensch-Partyyyy! Das wird die absolute Obersupi-dupi-Party aller Zeiten, ich meine, wann begrüßt man schon mal zum ersten Mal einen Menschen?" Trööööööt! Eine Party-Tröte erschien wie hingezaubert in ihrem Mund. Celestia lächelte. "Gern, meine liebe Pinkie, aber nicht heute abend. Ich möchte morgen über eine Verkündigung erst einmal alle Ponys informieren, sonst erschrecken wir viele von ihnen nur, wenn sie auf einmal ein unbekanntes Wesen sehen. Darf ich an den Empfang im Wald erinnern?" Pinkie machte ein leicht enttäuschtes Gesicht, fing aber sofort wieder an zu strahlen. "Oki-doki-loki! Morgen abend wird jedes Pony in Ponyville unseren Botschafter kennen!" "Darf ich fragen, wie Ihr alle anderen so rasch über mein Eintreffen und die Hintergründe informieren wollt?" Celestias Lächeln wurde noch breiter. "Nun, wie schon erwähnt, verfüge ich über einige... Magie, mit der ich auch den Zeitfluß etwas beeinflussen kann. Wie sonst sollte es mir möglich sein, Briefe von Twilight Sparkle in Sekunden zu beantworten? Ich kann mich und andere in Zeitblasen abkapseln, für diejenigen darinnen läuft die Zeit normal weiter, für alles und jeden außerhalb bleibt sie fast stehen. Nichts anderes ist meine selektive Zeitdilatation... du und Rainbow, ihr wart vorhin in einer derartigen Zeitblase. deshalb ist für euch andere und mich kaum Zeit vergangen, während ihr bald eine Stunde im Bad zugebracht habt. Natürlich läßt sich diese Erscheinung beliebig kontrollieren, so war es nicht schwierig, Applebloom ein- und wieder auszuschließen... du siehst, liebe Rainbow, nichts, wovor du Angst haben müßtest. Alles von mir kontrolliert." Die Angesprochene bekam große Augen. "Deshalb waren hier alle wie versteinert?" "Genau. Man könnte es auch so sagen: sie hätten dich bestenfalls als blauen Schatten gesehen - noch schneller, als du sowieso schon bist - weil in ihrem Zeitrahmen alles normal ablief und für dich und Michael schneller." Rainbow schüttelte den Kopf. "Das ist mir irgendwie zu... kompliziert." Celestias Blick war nun eindeutig belustigt, daß sie nicht feixte, lag vermutlich einzig und allein an ihrem guten Benehmen. "Da man in der Zeitblase trotzdem altert, sollte man mit diesem Mittel vorsichtig umgehen, aber das bemerkt man, wenn man es oft genug anwendet. - Nun, meine lieben Ponys und mein geschätzter Botschafter, ich muß mich leider verabschieden - ich habe noch viel zu erledigen. Gibt es Dinge aus der Menschenwelt, die du hier benötigst und die ich dir bringen soll?" Ich überlegte nur kurz. "Meinen Rasierapparat und mein Waschzeug vielleicht... wenn es keine Umstände bereitet." "Für meinen Gast und Botschafter tue ich alles. Die entsprechenden Sachen sollten morgen früh hier eintreffen. Nun wünsche ich einen guten Abend und freue mich auf die Party morgen." Alle Anwesenden, mich nun eingeschlossen, deuteten eine Verbeugung an, dann verschwand die Prinzessin in einem gleißenden Lichtball - Materietransport, dachte ich, oder Teleportation, oder, einfacher, dafür aber auch irgendwie sanfter und märchenhafter klingend: Magie. Unterdessen war es Abend geworden, wie ich erstaunt feststellte. Den restlichen Abend verbrachten wir in geselliger Runde - und, wie kaum anders zu erwarten gewesen war, wurde ich nun von den Ponys ausgefragt. Über die Menschen, über meine Welt, eigentlich über das gesamte Leben der Menschen... ich antwortete, so gut ich konnte. Nebenher lernte ich noch die anderen Mitglieder der Apple-Familie kennen: die Großmutter Granny Smith, die zwar vom Alter sichtlich gebeugt sich nur noch mit ihrem Rollator fortbewegen konnte, aber noch immer einen wachen Geist besaß (und sich, wiewohl die anderen Ponys sie entsprechend ausfragten, natürlich nicht erinnern konnte, ein Wesen wie mich je gesehen zu haben - offenbar war ich wirklich der erste Mensch überhaupt, dem der Zugang nach Equestria gewährt worden war), den älteren Bruder Applejacks, Big Macintosh, der zwar recht wortkarg zu sein schien, in dessen Augen ich aber ebenfalls einen wachen Geist lesen konnte, und natürlich Applebloom, die zumindest für den heutigen Tag die Rolle der Gastgeberin ausfüllte. Einmal mehr konnte ich dabei das gemeinsame grundhafte Wesen der Ponys verinnerlichen: sie begegneten mir, einem Fremden (denn ein solcher mußte ich nach wie vor sein, trotz der ausführlichen Vorstellung durch Celestia), nun, da sie (und endlich auch ich) den Grund meines Hierseins kannten, mit unvoreingenommener und bedingungsloser Freundlichkeit - ja, mit Freundschaft. Die Offenheit und Freundlichkeit dieser Wesen berührte mich tief... tiefer, als ich es in vielen Jahren je gespürt hatte, ich konnte fühlen, wie sich mein Herz erwärmte. Mein Entschluß, alles zu tun, um diese einfach nur liebenswerten Kreaturen vor Boshaftigkeit, Haß, Neid und Profitgier der Menschen zu schützen, festigte sich von Minute zu Minute. Mochte Celestia mich auch nur als Botschafter ansehen - ich war überzeugt in meiner Entscheidung, ein Zusammentreffen von Menschheit und Ponys zu verhindern, koste es, was es wolle, und ich ließ die Ponys darüber auch keinen Moment im Unklaren. Natürlich verstanden sie meine Beweggründe nicht sofort zur Gänze, sie waren viel zu arglos, um viel von den negativen menschlichen Charaktereigenschaften zu verstehen, den Ernst, mit dem ich zu meinem Entschluß stand, verstanden sie jedoch durchaus. Zum gemeinsamen Abendessen tischte Applebloom, fast gegen meine Erwartungen, etwas auf, was auch für mich als Mensch ohne weiteres genießbar war (aus der Serie wußte ich von "Heufritten", mit denen ich leider nichts hätte anfangen können - für ein Pony mochte Heu die richtige Nahrung sein, für einen Menschen war es das definitiv nicht): es gab einen überaus schmackhaften Gemüseauflauf. "Aus unserm' eignen Anbau!", wie mir Applejack stolz verkündete. Nach einigen weiteren Stunden verabschiedeten sich Rarity, die unverändert quirlige Pinkie (so etwas wie Müdigkeit schien sie nicht zu kennen, dachte ich), Twilight und Fluttershy, nur Applejack und Rainbow blieben zurück. Ich gähnte herzhaft --die vielen und langen Gespräche waren anstrengender gewesen, als ich erwartet hatte. "Am liebsten würde ich mich sofort hier auf dieses schöne Sofa legen", kommentierte ich. Rainbow schüttelte energisch den Kopf. "Da weiß ich was Besseres... komm mit." Sie schwebte mir voraus, die Treppe nach oben, direkt zu einer Zimmertür, an der ein Schild mit ihrem Cutie mark hing: ein regenbogenfarbiger Blitz, der aus einer Wolke zackte. "Das hier ist das Gästezimmer", verkündete sie. "Aber... dem Schild nach zu urteilen, ist das dein Zimmer!" "Papperlapapp! Das hier ist das Gästezimmer, also ist es jetzt dein Zimmer!" Sie öffnete die Tür und schob mich hinein. Im Inneren erwartete mich nebem dem üblichen Mobiliar ein Bett mit Decke und Kissen, die aussahen, als würden sie aus Wolken bestehen... ich drückte probehalber mit der Hand darauf und fand, daß sie tatsächlich aus einer Art verfestigter Wolkenmaterie bestanden, weich, aber trotzdem stabil. "Gefällt es dir?" Rainbow hatte die Tür hinter sich geschlossen, und ich sah die entsprechende Wand: an der Tür selbst klebte ein Plakat der Wonderbolts, und an der Wand befanden sich Fotos. Die meisten davon zeigten ein himmelblaues Pegasuspony mit einem orangefarbenen Erdpony, manche auch Applejack allein... einige von ihnen waren nachträglich mit einem Stift mit einem roten Herz umrandet worden. Ich setzte mich auf das Bett und sah sie an. "Es ist wunderbar hier, ein schönes gemütliches Bett. Allerdings denke ich nicht, daß ich es dir wegnehmen sollte - nein, nichts von wegen Gästezimmer. Oder dekoriert Applejack das Gästezimmer mit einem Wonderbolts-Poster und Fotos von euch beiden? Komm schon - ich sehe doch, daß das hier inzwischen dein Raum ist, und ich denke nicht daran, ihn dir wegzunehmen." Rainbow zog eine Schnute, wohl, weil sie nicht erwartet hatte, daß ich so schnell bemerken würde, daß ich mich in ihrem Zimmer befand. "Na gut... hast ja recht: es war mal das Gästezimmer. Seit Applejack und ich zusammen sind, übernachte ich meistens hier, in ihrer Nähe... ich würde sie ja mitnehmen in mein Wolkenhaus, aber dazu müßte sie fliegen können, außerdem will sie auf ihrer Farm bleiben. Also hab ich dieses Zimmer bekommen - aber heute nacht schläfst du hier, keine Widerrede!" Ich lächelte dankbar. "Das Sofa unten im Wohnzimmer hätte es sicher auch getan - aber vielen lieben Dank. Aber was ist mit dir? Ich möchte dir nicht dein schönes Bett wegnehmen." "Och, ich denke, ich werde schon unterkommen...", sie grinste etwas schief, und plötzlich hatte ich den dringenden Verdacht, zu wissen, bei welchem Pony sie nächtigen würde, "das haben wir schon vor Jahren gemacht. Ich komme zurecht - ich seh dich dann morgen!" Damit war sie zur Tür hinaus, und ich war, zum ersten Mal seit Stunden, allein. Zwar war ich hundemüde, aber ich sah mich trotzdem erst noch kurz um - genauer gesagt, betrachtete ich mir die Fotos an der Wand, die von der großen, echten Liebe zwischen zwei Ponys kündeten. Applejack und Rainbow Dash bei einem Wettlauf im herbstlichen Wald, beide in spielerisch-kämpferischer Pose bei einem Sportwettbewerb, beide beim Sonnenuntergang zwischen den Bäumen von Applejacks Farm, Applejack, die sehnsuchtsvoll in die Wolken starrte, Applejack und Rainbow zusammen an einem Strand, dann bei einem offenbar romantischen Dinner in einem Restaurant... ich merkte nicht einmal, daß Tränen über mein Gesicht liefen. Tränen der Rührung und der Freude für diese beiden herzerwärmenden und unwiderstehlichen Lebewesen... es dauerte lange, bis ich mir meiner eigenen Gefühlsregung endlich bewußt wurde, was daran liegen mochte, daß ich ähnliche Gefühle seit werweißwievielen Jahren für nichts und niemanden mehr empfunden hatte. Nach langer Zeit drehte ich mich um, zog mich aus und stieg in Rainbows Bett. Obwohl ich mit Wolken bisher stets Kälte assoziiert hatte, fühlten sich Decke und Kissen einfach nur wuschelig warm, weich und bequem an, und binnen Sekunden war ich eingeschlafen.